Sonntag, 2. Februar 2020

Abschied von Singapur³

Es ist soweit: Singapur³ verabschiedet sich. Am 31. Juli 2017 sind wir mit 160 Kartons und zig Koffern angereist, am 31. Januar 2020 haben 155 Kartons den Heimweg per Container angetreten. Nach genau zweieinhalb Jahren, in denen auf diesem Blog insgesamt mehr als 470 Posts und 300 Kommentare veröffentlicht wurde; ungezählt sind die vielen, vielen Stunden, die ich mit diesem Internet-Tagebuch verbracht habe. Es gäbe noch so viel über Singapur zu erzählen: über unsere Tierbegegnungen im Sungei Buloh Wetland Reserve, über das sehenswerte Chinatown Heritage Centre, über den Schrein des „German Girl“ auf Pulau Ubin, über das Social Development Network, das junge Singapurer unter Federführung der Regierung „verkuppeln“ will,... Die Ideen gehen mir auch im dritten Jahr in Singapur noch lange nicht aus – wohl aber die Zeit, denn wir treten die Heimreise nach München an. Vielen Dank an alle treuen Leserinnen und Leser, an alle Kommentatoren und die, die mich haben wissen lassen, wie gerne sie meine Berichte über unser Leben in Singapur lesen. Dieser Blog, sozusagen mein virtuelles Tagebuch über die Zeit in Südostasien, wird mir fehlen, und ich werde sicherlich immer wieder darin schmökern, um mir die tolle Zeit, die wir hier verbringen durften, in Erinnerung zu rufen. Und vielleicht liest Titus in ein paar Jahren hier auch irgendwann von seinen Abenteuern im Little Red Dot.

Montag, 20. November 2017

Kinderbesuch und Bastelarbeiten

Zum Glück ist mein Sohnemann ein begeisterter Bäcker. So können wir den Sonntag Vormittag in der Küche zubringen und wie so oft am Wochenende läuft der Backofen auf Hochtouren, während Norman ausschlafen darf. Titus packt die Himbeeren so akribisch präzise auf den Kuchen, dass uns fast der Pudding davonläuft bei fast 30 Grad Raumtemperatur.



Am Nachmittag ist das Kind dann selig: Kumpel Arthur kommt mit Papa Jörg zum Spielen vorbei, und die beiden verschwinden in Titus' Zimmer auf Nimmerwiedersehen. 


Wir lassen uns auf dem Balkon den Kuchen schmecken und trinken Kaffee dazu, auch wenn es dafür eigentlich viel zu warm ist.
Zur Abkühlung scheuchen wir die Buben in den Pool, Titus besteht darauf, ohne Schwimmflügel ins Wasser zu gehen, und übt fleißig Schwimmen. Gemeinsam mit Arthur tobt er durchs Becken, und wir können gar nicht so schnell gucken, wie die beiden herumflitzen.


Beim Abschied ist natürlich große Diskussion angesagt, "Arthur soll noch bleiben!", aber mit dem Versprechen auf baldiges Wiedersehen und einen gemeinsamen Ausflug in den Weihnachtsferien eisen wir die zwei erfolgreich voneinander los.
Titus ist abends so müde, dass er kaum einen Bissen vom Abendessen hinunterkriegt, und verschwindet schleunigst im Bett.

Am Montag geht der Alltag wieder los, im Kindergarten ist nun offiziell "Ferienprogramm", d.h. es gibt keinen geregelten Tagesablauf mit festem "Stundenplan", sondern es darf einfach den ganzen Tag lang gespielt werden.
Ich bastle daheim weiter am Zubehör für den Kaufladen, das ja alles im Adventskalender zum Vorschein kommen soll.

Auf den Seiten der Deutschen Bundesbank entdecke ich "Euro-Spielgeld" zum Ausdrucken. Außerdem knete ich Salzteig zusammen und forme daraus Brezn, Brote, Semmel und Croissants, die ich zum Backen in den Ofen schiebe und danach mit Acrylfarbe bemale. Hoffentlich halten die fertigen Backwaren die hohe Luftfeuchtigkeit hier auch aus.


Aus leeren Joghurt-Trinkbechern bastle ich dank toller Vorlagen im Internet hübsche Milchflaschen, Filz schneide ich zu Käsescheiben, und zu guter Letzt schneide ich Schwammtücher in Form und fabriziere mit der Heißklebepistole "Eis am Stiel" daraus.
Das geht alles erstaunlich schnell, kostet wenig bis nichts und sieht nett aus.




Als ich zur Entspannung ins Gym gehe, damit ich Putzfee Biu nicht im Weg stehe, entdecke ich dort ein Schild, dass davor warnt, die Geräte bei heftigem Regen zu benutzen. Offenbar gibt es auch hier ein "Leck" und Wasser dringt ein, ebenso wie in unserem Bad. Ist halt alles nicht ganz fehlerfrei gebaut hier, und die Luftfeuchtigkeit bzw. das Klima führen zusätzlich dazu, dass sämtliche Bausubstanz viel schneller zermürbt als wir es gewohnt sind.

Am Nachmittag brauen sich schwarze Wolken zusammen, und so spielen Titus und ich in der Wohnung und bauen einen Zug aus den Esszimmerstühlen. Seit wir das Buch "A Day with the Animal Railway" (Sharon Rentta) ausgeliehen habe, ist wieder einmal Zugfahren ein großes Thema. Zusammen blättern wir durch unser Fotobuch von unserer Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn, und ich zeige dem staunenden Titus, wie ein Schlafwagenabteil aussieht.

Schade, dass er sich daran nicht erinnern kann - ebenso wenig, wie an die anderen Reisen bisher. Und auch die Erinnerung an München wird wohl verblassen und später dann die an Singapur. Auch deshalb schreibe ich oft so ausführlich in diesem Blog, so kann Titus irgendwann später einmal von seinen Auslandsabenteuern lesen.





Samstag, 18. November 2017

Yoga und Kinderfest im Botanischen Garten

Als ich meinen Wecker stelle, hoffe ich insgeheim, dass am Morgen dicke Wolken am Himmel stehen. Doch leider weit gefehlt, die Sonne scheint mir ins Gesicht und Titus weckt mich bereits um 7:30 Uhr, so dass ich überpünktlich um viertel nach acht aufs Fahrrad steige und Richtung Botanic Garden radle.
So früh morgens sind die Straßen noch leer, nur ein paar Maids führen Hunde und Kinderwagen aus. Ich strample bei recht angenehmer Temperatur quer durch die Balmoral Road, an riesigen Hochhaussiedlungen vorbei, alle recht schick anzusehen.
Meine Radl-App weist mich an, in die kleine Dalvey Road abzubiegen, und ich keuche einen ansehnlichen Hügel hinauf. Doch die Anstrengung hat sich gelohnt: hier reiht sich eine riesige Villa im Kolonialstil, mit Säulen davor und Parkanlagen außen herum, an die nächste. Alle sind gut gesichert, auch die Israelische Botschaft befindet sich hier hinter Elektrozäunen in einem solchen Anwesen. Langsam rolle ich die Anhöhe wieder hinunter, bestaune die gepflegten Häuser und befinde mich kurz darauf direkt am sog. Nassim Gate des Botanischen Gartens.
Ich stelle mein Fahrrad ab, und werde am Eingang gleich mit Küsschen links und rechts von Élodie von Jaya Yoga empfangen. Sie ist Yogalehrerin, stammt aus Frankreich, und gibt heute morgen einen Yogakurs im Freien. Gefunden habe ich sie über Facebook, und als wir gemeinsam zu einer kleinen Wiese marschieren, wo schon andere Yoga-Schülerinnen warten, bin ich doch froh, so früh unterwegs zu sein.




Noch ist es schattig und einigermaßen erträglich draußen, im Park ist trotzdem schon unfassbar viel los. Spaziergänger, Tai Chi-Gruppen, Jogger, Familien mit Kindern und/oder Hunden sind unterwegs, und die Grillen zirpen dazu ohrenbetäubend laut. Wir richten uns auf unseren Matten im noch feuchten Gras ein und kommen in den folgenden 1 1/2 Stunden ganz schön ins Schwitzen. Da wir nur zu fünft im Kurs sind, korrigiert Élodie uns unermüdlich, und hält netterweise, da ich die einzige Nicht-Französin bin, die Stunde auf Englisch ab. Die Atmosphäre mitten im Grünen ist natürlich ein besonderes Erlebnis, und so fühle ich mich am Ende wirklich ganz besonders entspannt und gleichzeitig erfrischt und von meinen Mörder-Kopfschmerzen von gestern ist wirklcih gar nichts mehr zu spüren. Die erste Stunde bei Jaya Yoga ist frei, aber der zweiten Stunde zahlt man jedes Mal S$25, und ich verspreche fest, bei nächster Gelegenheit wiederzukommen.
Dann werde ich meine Männer mitbringen, denn die anderen Mädels inklusive der Trainerin haben ebenfalls ihre Kinder dabei, die von Mann bzw. Nanny ein Stückchen weiter weg auf der Wiese bespaßt werden.
Ich dagegen treffe meine beiden Lieben am anderen Ende des Botanischen Garten, im neu eröffneten Kinderbereich. Dort findet ein großes Kinderfest statt, es ist bereits um halb elf rappelvoll und vor den Parkplätzen stauen sich die Autos. Es dauert eine Weile, bis ich Norman und Titus gefunden habe, die beiden sind nach einem Bastel-Workshop gerade am Klettergerüst zugange. 




Den Rest des Vormittags verbringen wir damit, den Bereich mit den Nutzpflanzen genau zu inspizieren, ausgiebig am Spielplatz dem Kind beim Sand-Buddeln zuzuschauen, die vielen Spielmöglichkeiten zu testen und am Schluss den verschwitzten Titus zu überreden, sich doch am Wasserspielplatz ein wenig abzukühlen. Als er erst einmal mitten drin zwischen den vielen Wasserspritzen steht, ist er nicht mehr zu halten und muss hinterher erst einmal komplett trocken gelegt werden.




Wir sind zum Glück mit Radl bzw. Elektro-Roller ziemlich mobil und somit kurz darauf schon zuhause. Unser Frühaufsteher-Kind ist auch nach einem solchen Vormittag voller "Action" noch keineswegs müde, stattdessen wuselt es wie ein Aufziehmännchen um uns herum, während wir noch ein paar Bilder aufhängen und die Schiene für den Adventskalender an der Wand montieren. Nebenbei läuft die Waschmaschine auf Hochtouren, und draußen blitzt und donnert es bereits wieder einmal.
Endlich ist das Arbeitszimmer soweit aufgeräumt, dass wir zukünftige Besucher gut unterbringen können! Nach kurzem Skype-Telefonat mit Opa Peter und Anneliese fahren wir am frühen Abend mit dem Bus nach Little India. Hier erwartet uns wie immer eine völlig andere Welt, überall drängen sich Menschen, es riecht anders als im Rest der Stadt, die Straßen sind vollgestopft und eng. Wir steigen am großen Hindu-Tempel auf, marschieren an der benachbarten Moschee vorbei zur City Square Mall. Vor deren Eingang ist ein riesiger Spielplatz, außerdem blitzt und blinkt es vor lauter Weihnachts-Dekoration so dermaßen, dass ich schnell hineineile und schon mal mit dem Großeinkauf in der Decathlon-Filiale beginne, während Titus unbedingt noch aufs Klettergerüst will.
Nach einer Stunde haben wir den Einkauf endlich erledigt; statt Wanderklamotten und Ski-Bedarf brauchen wir hier in Singapur ständig neue Badesachen, Wasserspielzeug, Schnorchel-/Tauchbedarf und Flipflops, außerdem kurze Hosen und Shirts. Zum Glück werden wir recht schnell fündig und können gegen 20 Uhr endlich ins nächstgelegene indische Restaurant einkehren.
Diese sieht mit seiner kargen, ungemütlichen Inneneinrichtung, den rein indischen Gästen und Kellnern und der etwas lieblos anmutenden Speisekarte so dermaßen typisch aus, dass wir uns wirklich wie in Indien fühlen. Zum Glück ist das Essen aber wie immer in Singapur sensationell gut, und wir schlemmen in Butter Paneer Masala, Parathas und natürlich wie immer Unmengen an Dosas.


Mit vollen Bäuchen lassen wir uns vom Uber-Taxi nach Hause bringen, und Titus schläft nach unserer Heimkehr gegen 21:30 Uhr dann auch für seine Verhältnisse überraschend schnell ein.

Konzert zum Mittagessen und Zeugnisvergabe

Titus wacht mit den Worten auf: "Ist heute Party im Kindergarten?" Als ich bejahe, ist er flugs raus aus dem Bett und so früh dran wie noch nie diese Woche. Bereits gegen halb neun öffnen wir die Tür der "Starfish-Class" und drücken Ms. Pooja die Dose mit den selbstgemachten Plätzchen in die Hand. Titus wird gleich mit Begeisterung von seinen neuen Freunden Haruma und Vedansh begrüßt und schickt mich weg.
Zuhause schnappe ich mir Einkaufstasche und -zettel und gemeinsam mit meiner Nachbarin Bente fahre ich wie jeden Freitag zum Pek Kio-Wet Market. Bente kennt den Markt noch nicht und hat mich gebeten, sie mitzunehmen. Gerne zeige ich ihr meine Lieblingsstände (allen voran die Dame mit den selbstgemachten Nudeln und dem fantastischen Tofu und Tempeh), fast überall werde ich als einzige "Langnase" erkannt und begrüßt, und bald mühen wir uns mit unseren gut gefüllten und schweren Rucksäcken und Beuteln ab. Der Markt ist ein echter Treffpunkt und Freitag morgens ist ganz schön was los. Überall ist großes Hallo, hier kennen sich offenbar alle, man ratscht und tratscht und lacht, wie ich es auch von unserem Freitags-Markt am Ackermannbogen kannte. Gut, die durchdringenden Gerüche der Durian-Früchte vom Obststand und die Stände mit Räucherstäbchen sind dann doch eindeutig singapurisch. Bente jedenfalls freut sich über unseren Ausflug und ihre Neuentdeckung und löchert mich noch die ganze Heimfahrt über nach der perfekten Zubereitung von Tempeh, den sie kurzerhand in rauen Mengen eingekauft hat.



Zuhause schwinge ich wie immer freitags den Putzlappen, lasse dazu fetzige Swing-Musik laufen, verausgabe mich anschließend im Gym und eile schließlich um kurz nach 12 Uhr zum Asian Civilisations Museum am Singapore River. Dort erwartet mich bereits meine Freundin Petra, und gemeinsam nehmen wir fast auf die Minute pünktlich unsere Plätze im kleinen Konzertsaal im ersten Stock des Museums ein. Hier finden freitags regelmäßig "Lunch Concerts" statt, in denen Studenten und Absolventen der hiesigen Musikhochschule (Yong Siew Toh Conservatory of Music) für eine Stunde mittags ihr Können unter Beweis stellen dürfen. Abwechselnd sind die verschiedenen Klassen dran, mal gibt es Klavierduos, Streichquartette oder Sänger zu hören. Doch heute steht tatsächlich "Jazz" auf dem Programm!


Wir werden herzlich vom Leiter der Jazzklasse, Tony Macarome (ja, wir verstehen natürlich "Toni Maccharoni") begrüßt, der offenbar Feuer und Flamme für "seine" Musik und "seine" Studenten ist. Jedenfalls wuselt er während der Stücke ständig herum, nimmt mal hier einen Bass in die Hand und zupft versonnen eine tolle Melodie, schlägt mit Klanghölzern den Beat oder setzt sich einen Frank Sinatra-Hut auf und moderiert launig alle Stücke an. Die Studenten sind hoch motiviert und grooven ganz ordentlich bei bekannten Stücken wie "Spider Man", "Moon River", "I got rhythm" und "Summer Samba". Auch das sehr bunt gemischte Publikum lässt sich schnell mitreißen, und bei der ständig wechselnden Besetzung gibt es auch immer wieder spezielle Talente zu entdecken. 


Petra und mir gefällt - außer dem Leiter Tony - der junge Mann am besten, der mit einem dermaßen coolen Schulterzucken und völlig selbstvergessen zeigt, dass man auch auf einem traditionellen chinesischen Tempel-Instrument wie einer Ruan ganz wunderbar jammen kann.


Leider ist die eine Stunde viel zu schnell vorbei - und da man in Singapur ja peinlich genau darauf bedacht ist, alle Regeln einzuhalten, lassen die jungen Musiker auch noch das letzte Stück ausfallen, damit nur ja nicht überzogen wird. Schade!
Petra und ich sind jedenfalls sehr begeistert und schwärmen beim schnellen Mittagessen im Anschluss im gemütlichen Bistro "Privé" noch sehr von unserem "Kulturprogramm."

Gerade rechtzeitig eile ich mit dem Taxi nach Hause, um pünktlich um 15:15 Uhr Titus aus dem Kindergarten abzuholen. Zum Abschied drückt mir die Gruppenleiterin einen Ordner sowie einen großen Umschlag in die Hand. Im Umschlag sind alle "Kunstwerke" und Bastelarbeiten von Titus enthalten, im Ordner finde ich sogenannte "reports" zu den Lerninhalten des vergangenen Quartals. Es gibt genaue Informationen zu Titus' Fortschritten, dokumentiert mit Fotos aus dem Kindergarten-Alltag. Ganz vorne steckt ein regelrechtes "Zeugnis" mit Bewertungen über seine Fortschritte allgemein und in Mandarin im Speziellen. Dazu ist ein Liederheft mit Kinderliedern in Mandarin abgeheftet, die Titus sofort zu singen beginnt, als er die dazugehörigen Bilder sieht. Die Erzieherinnen weisen mich darauf hin, dass ich den Ordner und vor allem das "Zeugnis" gut aufheben möge, da ich es ggf. beim Wechsel in eine andere Einrichtung oder Schule in Singapur vorzeigen müsse. Ich bin hin- und hergerissen zwischen großer Belustigung und Entsetzen - geht das tatsächlich hier so früh los mit der "Bewertung" von Kindern?!




Wir bringen den ganzen Kram schnell nach Hause und ich vertage die Gedanken darüber erst einmal. Stattdessen verbringen Titus und ich lieber einen netten und kurzweiligen Nachmittag in der großen National Library. Wieder einmal finden wir wunderschöne, pfiffige und skurrile Kinderbücher en masse, die Bücherei ist voller Kinder, die sich Vorlesen lassen oder selbst schmökern, und zwei Stunden vergehen wie im Flug.


Mit dem Bus, der sich durch den Feierabendverkehr kämpft, fahren wir zum Asia Square und marschieren anschließend mit Norman, der uns schon vor dem Büro erwartet, zum nahe gelegenen Ann Siang Hill. Hier reiht sich entlang der verkehrsberuhigten Straße eine Bar und ein Restaurant neben das andere. Überall ist Hochbetrieb, es locken "Happy Hour"-Angebote und die Getränkepreise sind für Singapur-Verhältnisse zu dieser Stunde sehr moderat. Ich werde leider von "Kopfschmerzen des Todes" geplagt und bleibe bei Lime Juice, immerhin schmeckt der Linsen-Burger im "Coriander Leaf Grill" sehr gut und Titus ist auch zufrieden.


Wir spazieren noch eine Runde durch das Ausgehviertel und fahren dann mit dem Taxi nach Hause, wo Titus wieder einmal bis halb elf in seinem Bett herum rumort und hellwach ist. Letzten Endes holen wir ihn zu uns ins Bett, und noch während Norman und ich in unseren Büchern lesen, ist er eingeschlafen. Keine Ahnung, warum das Kerlchen momentan so wenig Schlaf braucht...

Mittwoch, 15. November 2017

Schwimmstunde

Nach unserem Musikschul-Ausflug am Dienstag folgte gestern Nachmittag der Besuch einer Kinder-Schwimmschule. Während Titus noch im Vorfeld stets rief, er wolle nicht zum Schwimmunterricht, saß er gestern dann mit großen Augen am Beckenrand, schaute den Kindern vom Kurs vor uns zu und fragte andauernd, wann er denn bitteschön endlich dran sei und ins Wasser dürfe. Tatsächlich war ich sehr begeistert zu beobachten, dass hier bereits Kinder mit drei oder vier Jahren zumindest einigermaßen sicher alleine schwimmen können.





Genau das soll Titus auch lernen - und im Gegensatz zu unserem heimischen Pool, der wegen Dauerregen ziemlich abgekühlt ist, war das Wasser im kleinen Übungsbecken angenehm beheizt, und die Schwimmlehrerin schubste das Kind buchstäblich ins (warme) Wasser. Und zwar ohne Schwimmflügel. Nach dem ersten Tauchgang war Titus zunächst etwas entsetzt, legte aber dann recht schnell die Angst ab und paddelte nur mit Schwimmnudel unter Bauch durch das Becken, um irgendwelche Plastiktiere einzusammeln, hechtete vom Beckenrand zu mir ins Wasser und selbstständig wieder zurück und lernte, sich selbstständig aus dem Wasser an den Rand zu ziehen. Nicht schlecht für die erste halbe Stunde ohne Schwimmflügel.
Bei der anschließenden Dusche war ich wieder einmal sehr glücklich darüber, dass wir hier nur schnell eine kurze Hose und ein T-Shirt überwerfen müssen, in die Flipflops schlüpfen und nach Hause laufen können, ohne Jacke, ohne Haare föhnen zu müssen, ohne Socken und ohne Mütze.
Noch bevor wir unser Zuhause erreichten, erklärte Titus, dass er auf jeden Fall nächste Woche wieder zum Schwimmkurs gehen wolle, und ich werde dafür wohl die sauteure Kursgebühr hinnehmen, wo wir hier doch die besten Voraussetzung für Schwimmen und Baden haben.

Heute mittag, nach meiner wöchentlichen Schwimmrunde im Pool, traf ich mich zum Mittagessen mit meiner Nachbarin Bente. Wir packten beide unsere Tupperdosen aus, setzten uns an einen der Tische auf der Terrasse des 5. Stocks und plauderten. Bente ist gebürtige Dänin, lebte die letzten 20 Jahre mit Mann und zwei Kindern in Frankreich und wohnt nun wie wir seit August in Singapur. Sonntags hatten wir uns bereits des öfteren beim Baden getroffen, nun hatten wir endlich Gelegenheit, uns etwas ausgiebiger zu unterhalten.

Danach eilte ich zurück an den Schreibtisch, heute steht Basteln auf meinem Tagesplan. Der Adventskalender ist fertig genäht, nun muss er "nur" noch gefüllt werden. Da Titus sich eine Kasse zu Weihnachten wünscht ("mit Förderband"), gibt es peu à peu Kleinigkeiten für den Kaufladen.
Und da ich ja momentan Zeit habe und außerdem das Plastikzeug, das es hier zu kaufen gibt, nicht schön finde, muss eben gebastelt werden. Auch den Adventskalender habe ich selbst genäht - und zwar, weil ich zum einen gerne nähe, und zum anderen, weil ich selbst als Kind so glücklich war, auch jedes Jahr einen selbst gemachten Kalender zu bekommen. Als bekennende Schokoladenverweigerin war ich heilfroh, dass meine Mama sich die Mühe gemacht hat, mir stattdessen mit anderen Kleinigkeiten die Wartezeit auf's Christkind zu verkürzen.




Weihnachten rückt auch in den Tropen tatsächlich näher - überall in der Stadt blinkt und funkelt es,  jedes Einkaufszentrum hat Verkaufsstände mit Deko und selbst beim Bäcker gibt es Donuts mit Weihnachtsmännern. Titus hat diese Woche den Ordner mit den Plätzchen-Rezepten sowie die Förmchen aus dem Schrank  gezogen und wünscht sich "Oma's Ausstecherle" für die Abschlussparty des aktuellen Kindergarten-Terms morgen.

In der monatlichen Redaktionssitzung der "Impulse" besprachen wir am Montag Vormittag bereits die Januar-Ausgabe, vor allem aber die Termine für die anstehende Weihnachtsfeier.
Als ich kurz vom Schicki-Micki-Kindergeburtstag berichtete, den wir am Sonntag besuchen durften, mussten die Kollegen so lachen, dass ich sofort gebeten wurde, darüber einen Beitrag für die Kolumne zu verfassen.

Unsere Putzfee Biu eröffnete mir diese Woche mit großen Augen, dass sie panische Angst vor "lizards" habe und nicht putzen könne, wenn irgendwo einer herumliefe. Ich dachte zuerst, mich verhört zu haben, doch sie meinte tatsächlich Eidechsen bzw. Geckos. Ich für meinen Teil finde ja die zum Glück langsam aussterbenden Kakerlaken weitaus ekliger, aber so hat wohl jede Kultur ihre eigenen Ängste.

Der Handwerker, der auch diese Woche wieder versuchte, unser Leck im Badezimmer zu beheben, werkelte zwar unter großem Getue mit der Silikontube herum, doch leider war am Abend wieder ein See auf dem Fußboden. Merke: nur weil eine Wohnung unfassbare S$ 5400 Miete im Monat kostet, ist sie nicht automatisch auch gleich ohne Mängel. Fortsetzung folgt also!


Dienstag, 14. November 2017

Regenzeit und Musikstunde

Nachts werde ich wieder einmal wach vom ohrenbetäubenden Donner. Die Blitzeinschläge sind so nah, dass ich sogar einen leichten Ozon-Geruch in der Nase habe - was mich zuerst einmal panisch an durchgeschmorte Kabel oder ähnliches denken lässt. Während ich innerlich bereits die Flucht im Falle eines Brandes plane, grollt es im Minutentakt und ein Sturzregen klatscht gegen die Fensterscheiben.
So oder ähnlich verlaufen momentan die meisten Nächte - es ist Regenzeit in Singapur. Zwar schüttet es meistens zu nachtschlafender Stunde, doch auch tagsüber ist es nass und grau draußen. Am Pool waren wir schon seit Tagen nicht mehr, und heute morgen habe ich doch tatsächlich für den Weg zum Kindergarten ein Strickjäckchen überzogen. Bei knapp 27 Grad draußen und mit Flipflops an den Füßen (nichts ist praktischer, um über die riesigen Pfützen und kleinen Bäche am Wegrand zu kommen) - das bedeutet wohl, dass ich mich so langsam akklimatisiert habe.
Die Schirme liegen im Flur immer griffbereit, in jedem Einkaufszentrum reichen nette Einlassdiener Plastiktüten dafür an, damit ja nichts auf die steinernen Fußböden tropft, die sich bei Nässe nämlich in Rutschbahnen verwandeln.
Kommt dann doch einmal kurz die Sonne heraus, ist es sofort wieder abartig heiß, doch die lässt sich eben in den letzten Tagen sehr bitten. Alle Wäsche ist klamm und trocknet nicht richtig, meine Haare kräuseln sich zum Davonlaufen und Norman lässt seinen Roller zur Zeit morgens auch oft zuhause, da es mit den Vollgummireifen auf dem nassen Asphalt einfach zu rutschig ist.

Da mein Plan, mit Titus nachmittags wieder mehr fixe Programmpunkte auf dem Wochenplan zu haben, nun durch das Wetter auf "Indoor"-Beschäftigung festgelegt ist, probieren wir am Dienstag Nachmittag eine Musikstunde von "Kindermusik" aus.
Diese Musikschule hat eine Niederlassung im Einkaufszentrum gegenüber, ganz idyllisch im Untergeschoss gelegen, in Räumlichkeiten ohne Tageslicht, die auf gemütliche 20 Grad gekühlt sind. Dank Strickjacke sind wir bestens gerüstet, als wir gegen halb fünf dort ankommen. Titus lässt sich sehr bereitwillig auf den Kurs ein, in dem die Leiterin spielerisch mit acht sehr aktiven 3jährigen singt und auf Xylophon, Trommel und Glockenspiel musiziert. Die Klanghölzer faszinieren die Kinder sehr, ebenso die Möglichkeit, immer mal wieder zur Musik wild zu hüpfen und zu tanzen.




Kurz: die 45 Minuten sind viel zu schnell vorbei und Titus ist spürbar glücklich damit. Mir gefällt, dass hier tatsächlich sehr spielerisch an die "Musikerziehung" herangegangen wird - ganz im Gegensatz zu den vielen anderen Musikschulen, in denen 3- und 4jährige bereits Geigen- und Klavierunterricht bekommen und immer sehr ernst dreinschauen, wenn ich an den Kursräumen vorbeigehe.

Beim anschließenden Gespräch stellt sich dann aber heraus, dass ein Kurs mit 13 Einheiten insgesamt knapp S$600 (ca. 400 Euro) kostet. Das ist mir doch zu teuer, und ich denke kurz wehmütig an das nette Kinderturnen in München gleich um die Ecke, wo eine Stunde 13 Euro kostete...

Sonntag, 12. November 2017

12 von 12 im November

Es ist Sonntag Abend, Titus liegt im Bett und Norman liest ihm gerade das erste Kapitel der "Kleinen Hexe" vor. Da wir den "Tatort" ja immer erst montags sehen können, nutze ich die Zeit und erzähle wieder einmal von unserem Tag nach dem Prinzip "12 von 12"(siehe "Draußen nur Kännchen").

Der Tag beginnt mit Ausschlafen und einem gemütlichen Frühstück. Es regnet in Strömen draußen, und unser Plan, den Vormittag am Pool zu verbringen, ist dahin. 




Stattdessen wird ausgiebig gespielt und Titus darf zum ersten Mal in seinem Leben eine DVD anschauen, die wir netterweise von unseren Nachbarn aus dem 10. Stock bekommen haben: "Leap Frog: Letter Factory". Das passt gut, denn Titus begeistert sich ja momentan nicht nur für Zahlen, sondern auch für Buchstaben.


Norman wird von uns ins Gym geschickt, während ich mit Titus blitzschnell zwei Bleche voller
Cookies backe, nach diesem Rezept.
Super lecker, wir mischen statt Schokolade "Sankt Martins" (= Smarties) und Cranberries hinein und sind vom Probe-Keks sehr angetan!


Bis die restlichen Kekse abgekühlt sind, übe ich weiter an meinem aktuellen Projekt "Kopfstand lernen", und Titus unterstützt mich dabei. Bald liegen wir gackernd am Boden.



Das Kind muss endlich aus dem Schlafanzug raus, denn es ist schon Mittag. Nach längerer Überredung steigt Titus tatsächlich in die Badewanne - da wir die ganze Woche regenbedingt nicht im Pool waren, ist ein Waschgang dringend nötig. Am Ende ist er wieder einmal kaum aus dem Wasser zu kriegen und steht danach stundenlang vor dem Spiegel, um sich eine "coole" Frisur zu machen.



Schon ist es Zeit für den Aufbruch, heute nachmittag findet die Geburtstagsfeier von Titus' Kindergartenfreundin Arya und deren kleiner Schwester Reya statt. Ich kenne beide Kinder nicht, weiß nur, dass die Familie indischer Abstammung ist und wir sind sehr gespannt, wie so ein Kindergeburtstag hier abläuft.
Angekommen im Grand Hyatt Hotel in der Scotts Road suchen wir erst einmal eine Weile die richtigen Veranstaltungsräume. Auf einem Monitor entdecken wir dann den Hinweis auf Aryas Geburtstagsfeier (neben drei Hochzeiten). 


Im Saal angekommen, staunen wir:
Es gibt ein riesiges Kuchenbuffet, eine Hüpfburg, einen Mal- und Basteltisch, einen Kinderschminktisch inkl. Kinderbetreuung, einen Ballon-Zauberer, einen Fotografen, ein Bällebad und dazu natürlich Getränke en masse. Die Räume sind wunderhübsch dekoriert und mit Blumen geschmückt, mindestens so aufwändig wie bei einer Hochzeitsfeier.



Wir werden nett begrüßt von der Familie der Geburtstagskinder, alle indischer Abstammung, aber auf der ganzen Welt lebend. Endlich lerne auch ich die beiden "Hauptpersonen" Arya (Titus' Kindergartenfreundin) und Reya (die kleine Schwester) und die dazugehörigen Eltern kennen, und bald trudeln auch noch ein paar anderen Freunde aus derselben Kindergartengruppe ein.
Wir plaudern mit den Gästen, staunen über die internationale Mischung aus Dänen, Malayen, Chinesen, Singapurern, Indern... und noch mehr über das riesige Buffet im Nebenraum. 
Dort gibt es alles, was das Kinderherz begehrt: Pizza, Nudeln, Pommes, Bratreis, Fischstäbchen, Frühlingsrollen, Samosa. Titus verspeist Unmengen und lässt sich dazwischen vom Ballon-Mann einen tollen "Spiderman" knoten, tobt in der Hüpfburg, malt und bastelt und hat sichtlich Spaß.




Wie bei einer Hochzeitsfeier ist auch hier das Anschneiden der Torte ein Höhepunkt der Feier, und ich bin froh, dass ich nicht auf den Hinweis der Mutter gehört habe, die mir schrieb, dass "Geschenke nicht nötig" seien - der Geschenkeberg ist beeindruckend groß!




Gegen halb sechs wir die Luft aus der Hüpfburg abgelassen, die Party löst sich auf und zum Abschied bekommt Titus noch eine Mitgebsel-Tasche voller Stifte, Aufkleber, Süßigkeiten und anderem Krimskrams. Norman steckt noch schnell die Visitenkarte des Ballonmanns ein, und wir machen uns auf den Heimweg. Während wir leicht ermattet im Bus sitzen, überschlagen wir die Kosten für so eine Feier in so einer Lokalität, und kommen auf ein paar tausend Singapur-Dollar. Puh!

Zuhause telefonieren wir ausgiebig mit der Familie, und obwohl Norman und ich von dem ganzen tollen Kuchen und dem restlichen Essen am Nachmittag völlig pappsatt sind, verlangt unser Sohnemann schon wieder nach Abendessen. 


Also bekommt er noch eine schnelle Pasta mit Tomatensauce und wandert dann recht bereitwillig um 20 Uhr ins Bett. Ganz schön anstrengend, so ein Kindergeburtstag!